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Offener Brief – Ergänzungsvorschläge zum Schutz vor aerogen übertragenen Erregern in den neuen DGKH-Leitlinien

Sehr geehrte Damen und Herren, 

zunächst möchten wir Ihnen unsere Anerkennung für die wertvolle Arbeit an den neuen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) aussprechen.

Bei der Durchsicht ist uns aufgefallen, dass der Schutz der Angestellten im Gesundheitswesen und der Patientinnen und Patienten vor aerogen übertragenen Pathogenen nicht ausreichend berücksichtigt sein könnte.

Spezifische Maßnahmen können die Übertragung signifikant reduzieren. Dies betrifft derzeit vor allem – aber nicht nur – SARS-CoV-2, da die Pandemie noch nicht beendet ist und es weiterhin viele Infektionen gibt, die oft asymptomatisch verlaufen und zu nosokomialen Infektionen führen können. Weitere Fakten dazu finden Sie weiter unten in diesem Schreiben.

Wir haben uns erlaubt, konkrete Vorschläge für Maßnahmen zum Schutz vor aerogen übertragenen Pathogenen in das von Ihnen veröffentlichte Dokument einzufügen (im angehängten PDF grün hinterlegt).

Zum aktuellen Stand der SARS-CoV-2-Pandemie:

Viele gehen davon aus, die Pandemie sei vorbei – doch das RKI Abwassermonitoring und die Belegung der Intensivstationen zeichnen ein völlig anderes Bild. 

Die letzte COVID-19-Infektionswelle dauerte von Mitte 2024 bis Anfang 2025, ersichtlich aus dem Abwassermonitoring AMELAG des RKI [1] und aus der Anzahl intensiv-medizinisch behandelter Fälle [2].

Die WHO warnte am 6. August 2024 eindringlich vor COVID-19: “Regierungen müssen ihrer Bevölkerung Mittel zum Selbstschutz an die Hand geben. Als Einzelperson ist es wichtig, Maßnahmen zu ergreifen, um das Risiko einer Infektion und schwerer Erkrankungen zu verringern.“ [3] Am 10. Dezember 2024 mahnte der Generaldirektor der WHO, Dr. Tedros Ghebreyesus: “Wir können nicht in der Vergangenheitsform über COVID sprechen. Es ist immer noch da, es verursacht immer noch akute Erkrankungen und „long COVID“, und es tötet immer noch”. [4]

Die WHO hat die “gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite” (Public Health Emergency of International Concern, PHEIC) im Mai 2023 für COVID-19 aufgehoben, aber sie hat nicht erklärt, dass die Pandemie vorbei ist. Eine Pandemie endet nicht durch eine formelle Erklärung, sondern wenn sich die Dynamik der Krankheit ändert – entweder durch Verschwinden (wie bei SARS-CoV-1) oder durch eine langfristige Stabilisierung (wie bei saisonaler Grippe). Beides ist im Fall von SARS-CoV-2 nicht eingetreten.

Laut RKI verursacht COVID-19 in Deutschland jährlich mehr als sechs Mal so viele akute Todesfälle wie Influenza [5].

Die unter anderem auf Basis der AMELAG-Daten modellierte Inzidenz der letzten Monate zeigt, dass am Höhepunkt der Herbst-Welle 2024 die Inzidenz zwischen 1.700 und 2.000 lag [6].

Prof. Lauterbach nennt am 25.11.2024 beim “2. Kongress des Ärzt*innenverbandes Long COVID” ein Risiko von 5 – 10 % für LongCovid, die WHO gibt das Risiko im Februar 2025 mit 6 % an – das ist eine Person von 17! [7]

Ein weiterer Grund, COVID-19 ernst zu nehmen, ist die Klassifizierung in der Risikoklasse 3: “Biostoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung möglich.“ (§ 3 Biostoffverordnung). In der Risikoklasse 3 findet man u.a. Krankheiten wie HIV, Tuberkulose, Typhus, die Pest, Milzbrand, BSE.

Dies bedeutet: Beschäftigte, die beispielsweise in Laboren mit dem COVID-19-Virus arbeiten, genießen umfassenden Schutz. Für Personen in anderen Arbeitsbereichen hingegen bestehen keinerlei Schutzmaßnahmen – ein Umstand, der zu außergewöhnlich hohen Krankenständen führt und angesichts einer Infektionswelle, wie sie im Jahr 2024 über ein halbes Jahr andauerte, kaum überrascht. Im Gesundheitswesen können asymptomatische Verläufe zu nosokomialen Infektionen führen.

Folgende Dokumente informieren weitergehend:

1.   COVID-19: Gefahr der Verharmlosung und notwendige Politikänderungen [8]

2.   Dringender Handlungsbedarf bei Long COVID: Internationale Studie bestätigt Ernst der Lage [9]

Wir stehen Ihnen gerne für weitere Diskussionen und Unterstützung bei der Ausarbeitung dieser Ergänzungen zur Verfügung und sind zuversichtlich, dass diese die Leitlinien der DGKH weiter verbessern und zur Sicherheit in Gesundheitseinrichtungen beitragen werden. Nochmals vielen Dank für Ihre wertvolle Arbeit.

Mit freundlichen Grüßen,

WHN Deutschland

Quellen:

[1] https://edoc.rki.de/handle/176904/12543

[2] https://www.intensivregister.de/#/aktuelle-lage/zeitreihen

[3] https://x.com/UNGeneva/status/1820801692352286889

[4] https://www.who.int/director-general/speeches/detail/who-director-general-s-opening-remarks-at-the-media-briefing—10-december-2024

[5] https://influenza.rki.de/Wochenberichte/2023_2024/2024-39.pdf

[6] https://x.com/rv_enigma/https://whn.global/estimation-of-infections-based-on-wastewater-data-us/

[7] https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/post-covid-19-condition-(long-covid)

[8] https://whn.global/scientific/the-unspoken-consequences-of-covid-19/

[9] https://whn.global/global-experts-reach-urgent-consensus-on-long-covid/

Last reviewed on June 8, 2025

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